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Geschichte

Vom Pestalozziheim zu
agilas–bilden bewegt

«Endlich war mein Wunsch erfüllt: Die Mädchen meiner Sprechstunde, denen ich keine Lehrstelle vermitteln konnte, weil sie einfach für das Berufsleben noch nicht reif waren, würden an einem guten Ort untergebracht werden können.» Rosa Neuenschwander zeigte sich glücklich, als das Pestalozziheim am 15. Oktober 1939 seine Türen öffnete. Als erste Berufsberaterin des Kantons Bern und Kämpferin für die Professionalisierung der Frauenberufe war es ihr ein Anliegen, auch den «geistig und körperlich zurückgebliebenen Mädchen» ein Zuhause zu schaffen, wo diese «in Geborgenheit ein Jahr lang heranreifen» konnten.

Geplant hatte Rosa Neuenschwander das Heim von langer Hand. Schliesslich konnte der Bernische Frauenbund (heute Frauenzentrale Bern), dessen Präsidentin Neuenschwander war, von der Kirchgemeinde Land in Bolligen kaufen und ein stattliches Haus mit einem grossen Garten bauen. Es sollte ganz im Sinne Heinrich Pestalozzis ein Ort sein für «Erziehung, Ausbildung und Geborgenheit». Auf Bildern vom Spatenstich sieht man die grossgewachsene Frau mit dunklem Mantel und Hut auf der künftigen Baustelle. Dazu schrieb der Bernische Frauenbund: «Zu Ihrem demnächst stattfindenden 60. Geburtstag (der auf Ihren Wunsch in der Stille vorbeigehen, aber für uns doch ein Anlass zur Freude sein soll) bringen wir mit unsern herzlichsten Wünschen 4 Bildchen von Ihrem jüngsten Kind, das Ihnen ja besonders am Herzen liegt und unter den Gratulanten an erster Stelle aufrücken soll!»

Das Peschi, wie das Heim liebevoll genannt wurde, war landesweit eine einmalige Institution und erhielt Anfragen für Aufnahmen aus der ganzen Schweiz. Auch wenn die Mädchen «im weitesten Sinn auf das Erwachsenenleben vorbereitet» wurden, lag das Hauptgewicht auf der «Erlernung der Haushaltführung». Der Garten wurde damals so bewirtschaftet, dass sich das Heim das Jahr hindurch weitgehend selbst versorgen konnte. Es wurden Gemüse, Früchte und Kräuter gesät, gepflanzt, gepflegt, geerntet, eingekocht, eingekellert, getrocknet und später auch eingefroren, wie das Pestalozziheim anlässlich seinem 50-Jahr-Jubiläum festhielt.

HWA Bolligen

Ab 1998 heisst das Heim Hauswirtschaftliche Ausbildungsstätte HWA Bolligen und beherbergt dazumal rund 40 Jugendliche. 1997 überführte die Frauenzentrale Bern das Heim in die Rosa Neuenschwander Stiftung, der nebst agilas–bilden bewegt auch die Heilpädagogischen Wohn- und Schulgruppen (HPWS) Nils Holgersson angehören. Heute begleitet agilas –bilden bewegt jährlich rund 60 junge Frauen und Männer auf ihrem Weg der beruflichen und sozialen Integration in die Arbeitswelt und in die Gesellschaft.

Text Manuschak Karnusian

Quellen:

  • 50 Jahre Pestalozziheim, agilas 1989
  • Frauenzeitung Berna, 1943, Gosteli-Stiftung – Archiv zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung
  • Eine Ausbildungsstätte der Frauenzentrale: Zeitungsartikel in Der Bund vom 5. August 1996